Wir bestellen mehr und mehr online, die Rechnung kommt ins E-Mail-Postfach, das Geld überweisen wir per Online-Banking. Unsere Urlaubsfotos teilen wir auf Facebook, Instagram & Co., schreiben WhatsApp statt Briefe und an verregneten Tagen lesen wir E-Books statt gedruckter Bücher. Aber was passiert mit all unseren digitalen Hinterlassenschaften im Todesfall? Eines steht fest: Wenn Sie nicht vorsorgen, haben es Ihre Erben schwer.
Digitaler Nachlass: Das sollten Sie auf Facebook & Co. regeln!
Hand aufs Herz: Wie viele Menschen wissen das Passwort für Ihren Computer und die PIN Ihr Smartphone? Was normalerweise ideal ist – ein Kennwort, das nur Sie persönlich kennen und nirgends hinterlegt ist – kann im Todesfall zu einem großen Problem werden. Vor der Digitalisierung fanden Angehörige im Idealfall alle wichtigen Unterlagen in gedruckter Form vor: Verträge, Kontoauszüge, gebuchte Reisen, Zeitschriften-Abos etc. Hinzu kamen die Dinge, die mit Erinnerungen verbunden sind: zum Beispiel persönliche Briefe und Fotos.
Inzwischen befinden sich immer mehr der beschriebenen Unterlagen und Erinnerungen physisch auf einem Computer oder komplett online – und damit hinter (mindestens) einer Passwort-Schranke. Erschwerend kommt hinzu: Kommunikation per E-Mail fällt nach gültiger Rechtsprechung unter das Fernmeldegeheimnis. Daher werden Login-Daten von Betreibern wie Google grundsätzlich nicht herausgegeben – auch nicht an Ehepartner oder Kinder. Je nach Anbieter und seinen Geschäftsbedingungen ist manchmal nach Vorlage der Sterbeurkunde der Zugriff möglich. Manchmal aber auch nur die Löschung des Accounts, womit aber alle wichtigen Daten verloren gehen. Damit es nicht so weit kommt, sollte jeder für seinen digitalen Nachlass rechtzeitig klare Regelungen treffen.
Digitaler Nachlass – was gehört dazu?
- Offline-Daten auf Computer, Smartphone und Tablet (Fotos, Videos, Texte usw.)
- Digitale Urheberrechte (Musik, Wort, Bild), Softwarelizenzen sowie online gekaufte Musik, Filme und eBooks
- Eigene Websites
- Digitale Kommunikation (E-Mail, soziale Netzwerke, Messenger, Datingportale etc.)
- Digitale Speicher (Clouds)
- Shopping und Bezahlkonten (Online Banking, Online-Bezahlsysteme, Online Shops)
- Digitale Abonnements (Spiele, Zeitschriften, Streaming etc.)
Auch ein Facebook-Konto ist vererbbar
Im Juli 2018 sorgte eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs für Aufsehen: Ein Facebook-Konto ist nicht anders zu behandeln als ein Tagebuch oder persönliche Briefe – es geht ebenso auf die Erben über. Diesem Grundsatzurteil ging ein jahrelanger Rechtsstreit voraus: Die Eltern eines verstorbenen Mädchens hatten von Facebook Zugriff auf das Konto ihrer Tochter gefordert. Von den Chatnachrichten erhofften sie sich Informationen darüber, ob ihre Tochter Suizidgedanken hatte.
Die Eltern hatten zwar die Zugangsdaten, das Konto war aber bereits in den sogenannten Gedenkzustand versetzt wurden, in dem Nachrichten nicht mehr einsehbar sind. Mit Verweis auf das Fernmeldegheimnis verweigerte Facebook den Eltern den Zugriff. Das Landgericht Berlin entschied in erster Instanz zu Gunsten der Eltern; Facebook klagte und bekam vor dem Berliner Kammergericht Recht.
Der Bundesgerichtshof wertete in letzter Instanz das Erbrecht höher als das Fernmeldegeheimnis: Die digitale Kommunikation sei nicht anders zu behandeln als die analoge Kommunikation per Brief. Wie genau sich das Urteil auf alle Nutzer von Facebook und den anderen sozialen Netzwerken auswirkt, ist laut dem Berufsverband der Rechtsjournalisten aber noch nicht abzusehen.
Digitaler Nachlass: Wie kann ich vorsorgen?
Um für Klarheit zu sorgen, sind zwei Dokumente nötig: (1) eine Vollmacht und (2) eine Übersicht über die Konten inklusive Zugangsdaten.
Überlegen Sie sich als erstes, wen Sie als Vertrauensperson für Ihr digitales Erbe einsetzen wollen: In Frage kommen zum Beispiel Ihr Partner oder Ihre Kinder, ein guter Freund oder ein Rechtsanwalt. Sprechen Sie denjenigen an, ob er mit der Aufgabe einverstanden ist. Wenn ja, können Sie auf der Website der Verbraucherzentrale eine Muster-Vollmacht herunterladen. Dies ist jedoch lediglich eine Text-Vorlage: Die Vollmacht müssen Sie handschriftlich verfassen, damit sie gültig ist.
Als nächstes sollten Sie eine Liste mit allen Online-Konten erstellen, über die Sie verfügen. Denn allein das ist für die Angehörigen eine schier unlösbare Aufgabe: Welche Konten bestehen bei E-Mail-Anbietern, Shops, sozialen Netzwerken und so weiter (siehe „Digitaler Nachlass – was gehört dazu?“). Auf der Liste können Sie auch detailliert festhalten, was mit welchem Account nach Ihrem Tod passieren soll. Damit die Vertrauensperson nach Ihren Wünschen handeln kann, benötigt Sie für jedes Konto den Benutzernamen und das Passwort. Diese sollten Sie ausgedruckt oder auf einem USB-Stick an einem sicheren Ort – zum Beispiel in einem Bankschließfach – verwahren und der Vertrauensperson den Aufbewahrungsort nennen.
Passwörter sollten Sie niemals direkt in das Testament schrieben, da es vom Nachlassgericht eröffnet und in Kopie an alle Beteiligten verschickt wird. Vergessen Sie außerdem nicht, auch das Passwort für Ihren Computer und Ihr Smartphone zu vermerken. Eine Muster-Liste stellt die Verbraucherzentrale zur Verfügung.
Der Zugriff auf E-Mails ist für Angehörige besonders wichtig: der Überblick über fällige Rechnungen, abgeschlossene Verträge und das Zurücksetzen anderer Passwörter funktioniert oft nur auf diesem Wege. Trotzdem ist Google der einzige Anbieter, der eine Nachlassregelung auf der Seite selbst anbietet: Über den sogenannten Kontoinaktivitätsmanager lassen sich bis zu zehn Personen benennen, die benachrichtigt werden, sobald der Nutzer eine bestimmte Zeit inaktiv ist. Wie viel Zeit seit dem letzten Login vergangen sein soll, kann man selbst festlegen. Auch, wer auf welche Daten Zugriff bekommt oder ob das Konto automatisch komplett gelöscht werden soll.
Grundsätzlich gilt: Alle Verträge, die geschlossen wurden, müssen erfüllt oder gekündigt werden – die wenigsten enden automatisch mit dem Tod. Das gilt auch für Online-Verträge zum Beispiel bei ebay, Netflix, PayPal oder Spotify. Allerdings besteht meist ein Sonderkündigungsrecht, wenn die Angehörigen die Sterbeurkunde vorlegen.
Bei Facebook, Instagram, WhatsApp und Co. sammeln sich über die Jahre viele private Fotos und Nachrichten. Verfügen die Angehörigen nicht über die Zugangsdaten, gewähren die Anbieter keinen Zugriff auf das Profil. Rechtsgültige Erben können lediglich eine Löschung des Accounts beantragen. Facebook und Instagram ermöglichen es, einen Nachlasskontakt zu bestimmen, der das Konto in den sogenannten Gedenkzustand versetzen oder löschen kann. Das umfasst jedoch nicht den Zugang zu den Chatnachrichten.
Der Zugriff auf das Bankkonto eines Verstorbenen ist nicht ohne Weiteres möglich: Erst wenn der Erbschein ausgestellt ist, können die legitimierten Erben über das vorhandene Guthaben verfügen. Damit die Angehörigen für laufende Rechnungen nicht darauf warten müssen, empfiehlt es sich, dem Ehepartner oder Kind eine Kontovollmacht zu erteilen. Der Kontoinhaber kann sich entscheiden, ob die Vollmacht ab sofort zeitlich unbegrenzt gültig ist (transmortale Kontovollmacht) oder erst nach dem Tod greift (postmortale Kontovollmacht). Möchte der bevollmächtigte Erbe auch online über das Konto verfügen, muss er einen eigenen persönlichen Online-Banking-Zugang bei der Volksbank Freiburg beantragen. Die Zugangsdaten des Verstorbenen werden mit dem Bekanntwerden des Todes durch die Bank gesperrt.
Wer über die Apple-ID eines Verstorbenen verfügt, kann dessen Fotos oder Musik aus der iCloud sichern. Außerdem kann er Name und Adresse des Nutzers ändern, das Konto auf sich übertragen und so erworbene Lizenzen für Software, Medien oder Apps nutzen. Die Übernahme des Apple-ID-Accounts ist für Angehörige auch ohne Zugangsdaten möglich, wenn Apple die Sterbeurkunde und der Erbschein vorgelegt werden.
E-Books können meist nicht vererbt werden. Wer ein E-Book herunterlädt, erwirbt oft nur ein einfaches Nutzungsrecht, das nicht übertragen werden kann. Genaue Informationen sind in den Geschäftsbedingungen des jeweiligen Anbieters nachzulesen.